Werden sie mit dem Strom schwimmen?

Ob und wie eine Polymerlösung in einem nanoporösen Material fließt

16. Dezember 2020

Drucken mit einem Tintenstrahldrucker ist Teil unseres täglichen Lebens. Die selbe Technologie findet aber auch komplexere Anwendungen in der Elektronik und bei der Trennung von Proteinen. Diese Anwendungen, die noch vor wenigen Jahrzehnten als futuristisch galten, beruhen auf der Qualität des Druckprozesses, die vom Fluss der "Tinte" durch enge Poren abhängt. Forscher*innen des Max-Planck-Instituts für Polymerforschung haben jetzt den mikroskopischen Mechanismus dieses Flusses aufgedeckt.

Der Fluss von Wasser in einem Rohr wird hauptsächlich durch den Durchmesser des Rohres und den Druck an seinem Ein- und Ausgang bestimmt. Bei dünnen Röhren kann die Flüssigkeit immer noch durch sogenannte Kapillarkräfte eindringen. In diesem Fall ändern sich die physikalischen Gesetze, die den Fluss des Flüssigkeitsgemischs bestimmen, jedoch dramatisch. Diese Abweichung wird noch deutlicher, wenn die Flüssigkeit viskoser wird und/oder die Wechselwirkung der Flüssigkeit mit den Wänden des Kanals zunimmt.

Häufig handelt es sich bei der Tinte um ein Polymer - ein sehr großes Molekül, das aus vielen sich wiederholenden Einheiten besteht - im flüssigen Zustand. Polymere dringen im Prinzip nicht gerne in Nanoporen ein, weil sie auf engem Raum ihre Bewegungsfreiheit – ihre Entropie - verlieren. Sie tun dies jedoch aufgrund der Kapillarkraft, die diese Molekülketten mitreißt. Nach Fertigstellung eines Druckes mit z. B. einem Tintenstrahldrucker verfestigen sich diese Polymere schnell, d.h. die Druckfarbe trocknet.

Bei hochpräzisen Druckanwendungen, bei denen die Auflösung ein Schlüsselfaktor ist, wird es wichtig, die "Tinte" durch sehr enge Kanäle "pressen" zu können. Ohne die entsprechenden Erfahrungswerte ist es jedoch nicht sicher, ob ein bestimmtes Polymer durch eine enge Pore fließen wird, wie und wann es dies tut und welchen Einfluss die mikroskopischen Eigenschaften des Polymers bzw. die Eigenschaften der Poren auf den Fluss haben. Die Gruppe von George Floudas, Professor an der Universität von Ioannina, Griechenland, und Gruppenleiter am Max-Planck-Institut für Polymerforschung, hat nun Licht in den eigentlichen Prozess gebracht. Hierzu verwendet die Gruppe fortschrittliche Techniken zur Messung der Polymerdynamik während des Fließens.

Überraschenderweise haben die Forscher beobachtet, dass das Vorhandensein eines Kanals nicht nur den Fluss räumlich einschränkt, sondern auch die physikalischen Eigenschaften des fließenden Polymers verändert. Sie fanden heraus, dass eine enge Pore die Polymerviskosität erhöhen kann. Diese Beobachtung lässt sich durch zwei miteinander konkurrierende Faktoren erklären: Auf der einen Seite zieht die Kapillarkraft die Ketten in den Kanal und unterstützt so die gerichtete Bewegung entlang der Poren. Auf der anderen Seite verringert sich die Fähigkeit der Kette zu "wackeln" besonders in der Nähe der Porenoberfläche, was deren Fließen behindert. Dieser letztgenannte Effekt ist eine Folge der starken Wechselwirkung des Polymers mit der Porenoberfläche. Die Reduzierung der Stärke der Grenzflächenwechselwirkungen könnte dazu beitragen, Polymergrenzflächen mit kontrollierten physikalischen Eigenschaften zu entwerfen.

"Wir hoffen, dass unsere Erkenntnisse in Zukunft in Anwendungen wie Druckern oder Elektronik genutzt werden können, so dass die jeweilige Leistung verbessert werden kann", sagt George Floudas.

Seine Gruppe hat nun in Zusammenarbeit mit Kollegen von der Beihang Universität, China, die Ergebnisse in "Physical Review Letters" veröffentlicht.

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