Nanopartikel Protein Interaktionen

Durch die Entwicklung und Kombination verschiedener Methoden ist es uns in hervorragender Weise gelungen, eine weltweit einzigartige Charakterisierungsplattform für die biomolekulare Korona von Nanocarriern zu etablieren, die als Wirkstoffträger eingesetzt werden. Sobald Nanocarrier mit biologischen Flüssigkeiten in Kontakt kommen, adsorbieren Proteine und andere Biomoleküle wie Lipide und Polysaccharide an der Oberfläche der Nanocarrier, was zu einem spezifischen Interaktionsverhalten im Organismus führt.

Deshalb haben wir hier am Institut einen sehr konsistenten Arbeitsablauf mit markierungsfreier, quantitativer Proteomik auf der Basis modernster Flüssigchromatographie gekoppelt mit Massenspektrometrie (LC-MS) entwickelt und diesen kohärent mit Methoden wie Differential Scanning Fluorimetrie (NanoDSF), dynamischer Lichtstreuung (DLS) im Blutplasma, Einzelproteinuntersuchungen, 3D-Kryo-Elektronenmikroskopie und korrelativer Licht- und Elektronenmikroskopie (CLEM) kombiniert. Dies geschah vor allem für dieselben Nanoträger über alle Plattformen hinweg und auch für Situationen, die sich sogar auf Untersuchungen in vivo oder im Inneren von Zellen erstreckten.

Die Proteomik-Charakterisierung der biomolekularen Corona ist dabei zu einer Standardmethode bei der Charakterisierung aller biomedizinisch interessanten Nanocarrier in unseren Gruppen geworden und wurde auf die intrazelluläre Proteinkorona ausgedehnt, um alle Schritte während der Aufnahme, des intrazellulären Trafficking sowie der Exozytose oder des Abbaus innerhalb der Zellen zu bestimmen. Neue Präparationsmethoden zur Gewinnung der intrazellulär eingeschlossenen Nanocarrier mussten entwickelt werden. Ein hochaufgelöstes proteomisches Profil für jeden Nanocarrier ist die Grundlage für weitere gezielte Experimente mit verschiedenen Proteinen, z.B. Apolipoproteinen, Antikörpern oder Komplementfaktoren. Auch immunologische, funktionelle Zelltests zur Bestimmung der Fähigkeit der Nanocarrier, als Nanovakzine zu dienen, wurden realisiert und werden für klinisch anwendbare Nanocarrier ausgiebig genutzt.

Die Differential-Scanning-Fluorimetrie dient als neu eingeführtes Instrument zur Bestimmung der Proteinstabilität und/oder -konformation auf Nanoträgeroberflächen. Über ihre intrinsische Fluoreszenz kann die thermische Entfaltung jedes Proteins verfolgt werden, so dass eine Denaturierung der Proteine nachgewiesen werden kann. Im Gegensatz zu anderen Methoden kann nanoDSF auch in Gegenwart von Nanoträgern (d.h. trüben Dispersionen) angewendet werden, solange keine Hintergrundfluoreszenz vorhanden ist. Zusätzlich wenden wir als eine der wenigen Gruppen weltweit dynamische Mehrwinkel-Lichtstreuung in unverdünntem Blutplasma für jede Nanoträgerformulierung an, die für biomedizinische Anwendungen entwickelt wurde. Mit Hilfe von Mehrexponential-Fitting-Verfahren kann die Aggregatbildung sehr empfindlich nachgewiesen werden. Auf diese Weise kann die äußerst wichtige Stabilität von Nanocarriern im Blut nach Kontakt mit Proteinen und anderen Biomolekülen zuverlässig bewertet werden. Obwohl beide Methoden für viele Gruppen, die mit Nanocarriern arbeiten, nicht zugänglich sind, wurden sie in den letzten Jahren in unserer Gruppe als Standardqualitätskontrollinstrumente im Prozess der Charakterisierung biomolekularer Corona eingeführt.

Während nanoDSF für den Bulk-Aufbau eines bestimmten Proteins die Denaturierung bestimmen kann, eignet sich die 3D-Kryo-Elektronenmikroskopie umso mehr, um die Konformationsänderungen von Proteinen auf der Nanoträgeroberfläche zu erforschen. Hier können hochaufgelöste Strukturveränderungen bis hinunter zu einer nahezu atomaren Auflösung erreicht werden. Während diese Methode im Bereich der Proteincharakterisierung gut etabliert ist, wurde diese Methode in unserer Gruppe für Fragen der 3D-Strukturen von Proteinen in den Materialwissenschaften entwickelt. Sie basiert auf Methoden der Einzelpartikelanalyse und der Subtomogramm-Mittelung, die in der Strukturbiologie erfolgreich angewandt wurden, aber auf den Bereich der Nanoträger übertragen werden müssen. Neben der konkurrenzlos hohen Auflösung der Proteinstrukturrekonstruktion erwarten wir von dieser Methode neue Erkenntnisse über die Wechselwirkung von Proteinen mit Oberflächen. Aufgrund der hohen Auflösung erwarten wir, untersuchen zu können, wie sich ein Protein zur Oberfläche hin orientiert oder mit einer bestimmten funktionellen Einheit, z.B. einer Subdomäne oder Sekundärstruktur mit den funktionellen Gruppen auf Nanoträgern, mit der Oberfläche des Nanoträgers interagiert.

Weiterführende Links

Volker Mailänder

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Svenja Morsbach

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Unsere Gruppe ist auf die Charakterisierung von (Bio-)Polymeren fokussiert. Außerdem wollen wir die Interaktionen von Biomolekülen mit Oberflächen von Nanomaterialien besser verstehen und kontrollieren.
Ingo Lieberwirth

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Der Blick ins Detail öffnet ein Fenster zum Verstehen. Mithilfe mikroskopischer Untersuchungen von makromolekularen Strukturen untersuchen wir die Verbindung der Strukturen mit ihrer Funktion. Wir entwickeln neue Methoden, um Strukturen im Nanometer-Bereich mittels Elektronenmikroskopie zu visualisieren.
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