Sauberes Wasser aus dem Nebel

Mit einem speziell beschichteten Metallgeflecht gewinnen Forschende des Max-Planck-Instituts für Polymerforschung und der ETH Zürich Wasser aus Nebel und entfernen gleichzeitig Umweltschadstoffe. Menschen in trockenen, aber nebelreichen Gebieten könnten davon profitieren.

In Peru, Bolivien und Chile, aber auch in Marokko und im Oman wird es schon gemacht: In abgelegenen nebelreichen Regionen stellen die Menschen Netze auf, an denen sich die Nebeltröpfchen ablagern, an den Maschen herunterrinnen und aufgefangen werden können. Bis zu mehrere hundert Liter Wasser zum Trinken, Kochen, Waschen lassen sich so an einem Tag mit einem nur wenige Quadratmeter grossen Nebelkollektor gewinnen. In Gegenden, in denen es viel Nebel hat, aber kaum Quell- oder Regenwasser, ist das ein Segen.

Ein Problem ist allerdings die Luftverschmutzung, denn Schadstoffe reichern sich auch in den Nebeltropfen an. In vielen Grossstädten der Welt ist die Luft so stark verschmutzt, dass dort aus dem Nebel gewonnenes Wasser nicht sauber genug wäre, um es unbehandelt zum Trinken oder Kochen zu verwenden.

Forschende am Max-Planck-Institut für Polymerforschung und an der ETH Zürich haben nun eine Methode entwickelt, die Wasser aus dem Nebel nicht nur sammelt, sondern zugleich reinigt. Sie verwendeten dazu ein engmaschiges Geflecht aus Metalldraht und beschichteten dieses mit einem Gemisch aus Polymeren und Titanoxid. Die Polymere sind so gewählt, dass sich die Wassertropfen optimal am Geflecht ablagern und dann möglichst schnell in einen Sammelbehälter abfliessen, um nicht vom Wind wieder fortgeweht zu werden. Titanoxid wirkt als chemischer Katalysator. Es spaltet viele in den Tropfen enthaltene organische Schadstoffmoleküle und macht sie somit unschädlich.

«Indem wir das Nebelsammeln mit der Wasseraufbereitung kombinieren, kann es auch in Regionen mit Luftverschmutzung genutzt werden, zum Beispiel in dicht besiedelten Ballungszentren», sagt Ritwick Ghosh. Er ist Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Polymerforschung in Mainz und führte dieses Forschungsprojekt während einem längeren Gastaufenthalt an der ETH Zürich in der Gruppe von Thomas Schutzius durch. Schutzius ist mittlerweile einem Ruf als Professor an die University of California in Berkeley gefolgt.

Photokatalytisches Gedächntnis

Einmal installiert, muss die Technologie kaum gewartet werden und benötigt ausser Sonnenlicht keine weitere Energie. Das Titandioxid muss regelmässig UV-Licht von der Sonne abbekommen, um sich zu regenerieren. Allerdings ist der Katalysator genügsam: eine halbe Stunde Sonne reicht, um 24 Stunden aktiv zu bleiben. Das hat mit Eigenschaft von Titanoxid zu tun, die als photokatalytisches Gedächtnis bezeichnet wird. Wird der Stoff mit UV-Licht aktiviert, bleibt er für eine längere Zeit auch im Dunkeln katalytisch aktiv. Hier erweist sich das als Glücksfall. Denn wo es viel Nebel gibt, scheint die Sonne oft nicht allzu lang.

Die Forschenden haben den Nebelfänger im Labor sowie in einer kleinen Pilotanlage in Zürich getestet. Damit konnten sie 8 Prozent des künstlich erzeugten Nebels einsammeln und 94 Prozent der organischen Verbindungen abbauen, die sie dem Nebel beigemischt hatten. Unter den getesteten Schadstoffen waren feinste Dieseltröpfchen sowie die hormonaktive Chemikalie Bisphenol A.

Kühltürme als weitere Anwendung

Ausser für die Trinkwassergewinnung lässt sich die Technologie auch nutzen, um Wasser aus Kühltürmen zurückzugewinnen. «In den Kühltürmen entweicht Dampf in die Atmosphäre. In den USA, wo ich lebe, verbrauchen wir viel Frischwasser für die Kühlung von Kraftwerken», sagt Schutzius. «Es wäre sinnvoll, einen Teil dieses Wassers aufzufangen, bevor es entweicht, und sicherzustellen, dass es schadstofffrei ist, falls man es wieder in die Umwelt zurückführen möchte.»

Ritwick Ghosh beschäftigte sich in seiner früheren Forschung intensiv mit der Wassergewinnung aus Kühltürmen. Er möchte die Technologie nun weiterentwickeln und nach marktfähigen Anwendungen suchen. Damit möchte er Nebel und Dampf als bisher wenig genutzte Wasserquelle stärker ausschöpfen und damit einen Beitrag leisten zur Lösung der Wasserknappheit.

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