Mehr Kontrast, weniger Energie: Die Entwicklung organischer Leuchtdioden
Forschungsbericht (importiert) 2024 - Max-Planck-Institut für Polymerforschung
„Und jetzt: Das heute Journal.“ Das deutschlandweit bekannte Intro spielt, die Moderatorin macht sich hinter ihrem Tresen bereit – und das in gefühlt hundertfacher Ausfertigung. Denn: An den großen Fernsehwänden in Elektronik-Märkten spielt immer das gleiche Programm – so können Größen und Farben für den Käufer direkt verglichen werden. Was auffällt: Einige Fernseher im oberen Preissegment zeigen ein viel kontrastreicheres Bild, mit satteren Farben und tieferem Schwarz. Diese Fernseher nutzen oft eine neue Art von „organischen Leuchtdioden“ (OLED), um das Bild anzuzeigen. Aber worin besteht der Unterschied zwischen älteren Generationen von Flachbildschirmen und solchen, die auf OLEDs basieren?
Ein herkömmlicher Flachbildschirm besteht aus drei Schichten: Eine gleichmäßige, weiße Hintergrundbeleuchtung stellt die Lichtquelle dar. Davor befinden sich Millionen von mikroskopisch kleinen Farbfiltern in den drei Grundfarben Rot, Grün und Blau. Diese drei Farben bilden ein „Pixel“, aus denen das eigentliche Bild besteht. Die Helligkeit jedes dieser drei „Unter-Pixel“ wird durch eine dritte Schicht gesteuert, die aus kleinen Filtern besteht, die mehr oder weniger Licht durchlassen können.
Das Problem bei dieser Art von Bildschirm ist, dass die Hintergrundbeleuchtung immer für das gesamte Display eingeschaltet ist – selbst Pixel, die eigentlich schwarz erscheinen sollten, werden von hinten beleuchtet. Da die vordere Filterschicht nicht in der Lage ist, 100 % des Lichts zu blockieren, scheint auch eine geringe Menge Licht durch Pixel hindurch, die komplett schwarz sein sollten – was zu einem geringeren Kontrast führt.

Ein OLED-Bildschirm hingegen besteht aus Millionen kleiner Leuchtdioden. Jedes Pixel dieses Bildschirms ist aus drei Dioden in den drei Grundfarben zusammengesetzt. Der Vorteil liegt auf der Hand: Ein Pixel kann komplett ausgeschaltet werden und erscheint somit tiefschwarz, was sowohl den Kontrast erhöht als auch die Energieeffizienz verbessert. Zudem werden keine Farbfilter mehr benötigt, da die Dioden selbst farbig sind.
Allerdings ist die Herstellung organischer Leuchtdioden noch teuer, und insbesondere bei blauen OLED-Pixeln (Abb. 1) ist es immer noch eine Herausforderung, eine Kombination aus hoher Effizienz und Langlebigkeit zu erreichen. In unserer Forschung arbeiten wir daher an der Entwicklung neuartiger Konzepte, um Langlebigkeit, Energieeffizienz und nicht zuletzt Produktionskosten zu verbessern.
Stark vereinfachte OLED-Struktur mit hoher Effizienz
Um eine hohe Effizienz zu erreichen, verwenden moderne OLEDs ein mehrschichtiges Materialsystem. Mit dieser Sandwichstruktur, die manchmal bis zu sieben Schichten umfasst, können Effizienzen des nach außen abgestrahlten Lichts zwischen 20 und 30 % erreicht werden.
In unserer Forschung haben wir nun eine viel einfachere Struktur entwickelt. Anstelle von sieben Schichten reicht eine einzige aktive Schicht zwischen zwei Kontakten aus. Diese muss alle Funktionalitäten vereinen, die normalerweise durch eine mehrschichtige Struktur erreicht werden. Die Schicht muss in der Lage sein, Licht zu erzeugen und gleichzeitig auch elektrische Ladungen effizient leiten. Durch die Optimierung dieser aktiven Schicht haben wir einschichtige OLEDs mit einer sogenannten „internen Quanteneffizienz“ von nahezu 100 % hergestellt. Das bedeutet, dass die gesamte zugeführte elektrische Energie in Licht umgewandelt wird, was normalerweise nur mit einer komplexen Mehrschichtstruktur erreicht wird. Aufgrund von optischen Verlusten an den Grenzflächen, die in jeder OLED vorhanden sind, werden zirka 27 % des Lichts nach außen abgegeben.
Ein entscheidender Faktor bei dem verwendeten Material ist die Vermeidung von schädlichen Auswirkungen durch Verunreinigungen. Beispielsweise können winzige Mengen von Wasser- oder Sauerstoffmolekülen im Material vorhanden sein oder während der Schichtproduktion eingeschlossen werden. Geringe Mengen solcher Moleküle in der Schicht sind fast unmöglich zu vermeiden, spielen jedoch eine entscheidende Rolle für Leistung und Lebensdauer.
Neues Materialsystem für hocheffiziente und druckbare OLEDs
Die Verunreinigungen bilden Hindernisse für Elektronen, die sich in der Diode bewegen. Wenn ein Elektron von einem solchen Hindernis aufgefangen wird, wird seine Energie in Wärme und nicht in Licht umgewandelt. Dieses Problem, das als „Ladungseinfang“ (engl. „Charge Trapping“) bekannt ist, tritt besonders häufig bei blauen OLEDs auf und verringert deren Effizienz erheblich.

Um den Ladungseinfang zu reduzieren haben wir eine neue Klasse von Molekülen verwendet. Diese bestehen aus zwei chemischen Teilen, von denen einer für die Elektronenleitung verantwortlich ist, während der andere unempfindlich gegenüber Verunreinigungen ist. Durch Manipulation der chemischen Struktur des Moleküls verbinden sich mehrere Moleküle zu einer Art „Spirale“ (Abb. 2) – das heißt, der elektronenleitende Teil der Moleküle bildet den inneren Teil, der von außen durch den anderen Teil eingeschlossen wird. Das ähnelt einem „molekularen Koaxialkabel“, mit einem elektronenleitenden Innenkern und einem Außenteil, der als eine Art Schutzschicht den Kern abschirmt. Dadurch können sich die Elektronen schnell und ungehindert entlang der Mittelachse der Spirale bewegen, ohne gebremst zu werden.
Das Besondere an unserem neuen Material ist, dass es sowohl gut elektrische Ladungen leitet als auch Licht emittiert – Eigenschaften, die normalerweise in mehreren Schichten, die jeweils aus einem anderen Material bestehen, getrennt sind. Daher kann das Konzept dieses neuen Materials das Design blauer OLEDs erheblich vereinfachen und gleichzeitig eine hohe Effizienz beibehalten.
Mit dem von uns entwickelten Materialsystem sollte es in Zukunft auch möglich sein, effiziente OLEDs aus einer Lösung herzustellen. Das bedeutet, dass solche OLEDs idealerweise auch mit einer Art Tintenstrahldrucker gedruckt werden können. Wir hoffen, dass unsere Ergebnisse in Zukunft irgendwann im heimischen Wohnzimmer zu finden sind, wenn der Nachrichtensprecher die Zuschauer zu den Nachrichten aus Deutschland und der Welt begrüßt.
Literaturhinweise
DOI: 10.1002/adma.202300574
DOI: 10.1038/s41563-023-01592-3