Molekulare Milch-Mayonnaise

Wie Mundgefühl und mikroskopische Eigenschaften bei Mayonnaise zusammenhängen

10. Dezember 2019

Ob im Kartoffelsalat oder zu Pommes: Mayonnaise auf Eibasis wird in vielfältigen Gerichten verwendet. Mayonnaise aus Milch ist ungewöhnlich, sie kann aber viel mehr. Wie deren mikroskopischen Eigenschaften und das Gefühl, welches sie im Mund hinterlässt – die sogenannten Textur -  zusammenhängen, haben nun Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Prof. Thomas Vilgis des Max-Planck-Instituts für Polymerforschung (MPI-P) in Mainz genauer untersucht. Sie konnten hierbei Zusammenhänge zwischen dem Ölanteil sowie der Festigkeit nachweisen. Weiterhin konnten Sie Milchmayonnaise durch Erwärmen so verändern, dass sie bei gleichen Inhaltsstoffen eine andere, gallertartige Textur aufwies.

Milch-Mayonnaise kann auch zu Hause einfach hergestellt werden, indem mit einem Mixer Öl mit Milch vermischt wird. Auf molekularer Ebene spielen hierbei die beiden Emulgatoren Kasein und Molke eine entscheidende Rolle: Diese sorgen dafür, dass sich Öl gut in der größtenteils aus Wasser bestehenden Milch lösen kann. Molke beispielsweise ist ein Molekül, das in roher Milch in einem zusammengefalteten bzw. verknüllten Zustand vorliegt. Wird eine Milch-Öl-Mischung mit einem Mixer aufgeschlagen, entfaltet sich dieses Molekül und kann sich als Grenzschicht um das Öl legen und so kleine Öltröpfchen in die wässrige Milch einbetten. Das Resultat ist eine Mayonnaise.

Die Größe dieser Öltröpfchen bestimmt entscheidend, wie cremig die Mayonnaise am Ende im Mund wirkt. „Wir konnten zeigen, dass die Größe der Tröpfchen direkt mit dem Mischungsverhältnis zwischen Öl und Milch zusammenhängt“, so Thomas Vilgis, Gruppenleiter der „Food-Science“ Gruppe im Arbeitskreis von Prof. Kurt Kremer. „Größe und Anzahl beeinflussen direkt, wie frei sich ein einzelnes Öltröpfchen bewegen kann bzw. wie stark es zwischen anderen Tröpfchen eingesperrt ist“.

Kleinere Tröpfchen können sich viel enger zusammenlagern. Betrachtet man also nur ein einziges Tröpfchen, so ist dies von anderen, eng benachbarten Tröpfchen eingesperrt – es bildet sich eine Art Käfig. Dies macht es für das Öltröpfchen immer schwieriger, sich zu bewegen. Im Resultat wird die Mayonnaise hierdurch fester. Erst bei genügend Kraft auf die einzelnen Tropfen – wie sie z. B. mit der Zunge beim Essen ausgeübt wird – können sich die Tröpfchen aus ihrem Käfig befreien und fangen an, gegeneinander zu fließen: Die ursprünglich feste Mayonnaise wird cremig. Diese Vorgänge lassen sich im Labor mittels Mikroskopie bei gleichzeitiger Scherung, d. h. mechanischer Belastung, direkt beobachten - sogenannte „Rheo-optics“.

„Wir konnten zeigen, dass für eine feste Mayonnaise ein Mindest-Öl-Anteil von 68 % benötigt wird, am cremigsten wird sie mit 73 % Öl“, so Vilgis. „Will man die Mayonnaise noch weiter stabilisieren, kann man sie auf 65  - 70 Grad erwärmen“. Beim Erwärmen bilden sich an den Molkeproteinen, welche die Öltröpfchen umhüllen, freien Bindestellen, die sich mit benachbarten Molkeproteinen verbinden – ähnlich Puzzleteilen, die sich mit anderen Puzzleteilen zu einem Bild zusammenfügen. Dabei werden die Öltröpfchen in einem Proteinnetz festgezurrt.

Die auf diese Art hergestellte Masse hat dann, so Vilgis, eher die Textur eines weichen, cremigen und doch gelierten Puddings als von Mayonnaise, besteht aber nach wie vor aus den gleichen Inhaltsstoffen.

Ihre Ergebnisse haben die Wissenschaftler nun in der Fachzeitschrift „Food“ veröffentlicht.

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