Nachhaltige Landwirtschaft

Nachhaltige Landwirtschaft

Eine nachhaltige und widerstandsfähige Landwirtschaft ist für die Ernährung unserer ständig wachsenden Bevölkerung unerlässlich. Unsere Forschung konzentriert sich auf zwei große Herausforderungen in der nachhaltigen Landwirtschaft: die Gesundheit einheimischer Arten und neue Instrumente für den Einsatz von Pestiziden.

Der zunehmende globale Personen- und Warenverkehr führt häufig zu einer verstärkten Ausbreitung nicht heimischer Arten. Da es keine einheimischen Raubtiere gibt, können diese invasiven Arten erhebliche Umweltveränderungen und Schäden an Nutzpflanzen oder Nahrungsquellen verursachen. Die Varroa destructor-Milbe ist ein invasiver Schädling, der vor kurzem in Europa entdeckt wurde und in den einheimischen europäischen Bienenvölkern das Bienensterben verursacht. Diese parasitäre Milbe ernährt sich von erwachsenen Bienen und überträgt häufig den Pilz Nosema apis, der die Nosemose (eine Bienenkrankheit) verursacht. Die Symptome dieser Krankheit sind anderen Krankheiten sehr ähnlich, was ihre Erkennung erschwert. Außerdem sind herkömmliche insektizide Bekämpfungsmaßnahmen aufgrund der Nähe dieser Schädlingsart zu den nützlichen Bienenarten für die Bekämpfung dieses invasiven Schädlings ungeeignet, weshalb neue Strategien erforderlich sind. Bienenvölker werden oft als Superorganismen betrachtet, bei denen die Vernetzung der einzelnen Bienen innerhalb eines Volkes ein größeres lebendes System bildet. Ein wesentlicher Bestandteil der Gesundheit dieses Systems ist die 3D-Temperatur, bei der der Temperaturbereich innerhalb des Bienenstocks gut reguliert ist. Durch die Überwachung von Temperaturschwankungen innerhalb des Bienenstocks kann die Gesundheit des Bienenstocks bestimmt werden. Darüber hinaus kann durch Änderung der Temperatur im Bienenstock die Fruchtbarkeit der invasiven Schädlinge manipuliert werden. Unsere Forschung arbeitet an der Entwicklung von Systemen, die die Temperatur von Bienenstöcken überwachen und manipulieren können, um die Gesundheit der Bienenstöcke zu verbessern.

Das zweite Projekt "ESCApe. - Biobasierte und biologisch abbaubare Mikroträger für die Wirkstoffverabreichung in Pflanzen und für die nachhaltige und ökologische Bekämpfung der global auftretenden Rebenkrankheit ESCA und anderer Pflanzenkrankheiten" wird seit März 2021 am Max-Planck-Institut für Polymerforschung mit EXIST-Förderung durchgeführt. Ziel der EXIST-Förderung ist die Ausgründung eines neuen Unternehmens aus der Grundlagenforschung.
In der Landwirtschaft werden die meisten Pflanzenkrankheiten durch großflächiges Ausbringen ("Sprühen") von Chemikalien behandelt. Dieser Ansatz verschmutzt nicht nur das Grundwasser und die Tierwelt, sondern ist auch gegen viele Krankheiten unwirksam, weil die verursachenden Pilze oder Bakterien im Inneren der Pflanze leben und diese von innen heraus zerstören und daher gegen Oberflächenbehandlungen immun sind. Im Weinbau zum Beispiel verursacht die Pilzkrankheit "Esca" den Winzern weltweit jedes Jahr Schäden in Millionenhöhe. Die Pilze befallen die Rebenstämme und zersetzen das Holz von innen - herkömmliche Spritzmittel können die Pilze daher nicht erreichen.
In Anlehnung an wirksame Behandlungsmethoden in der modernen Humanmedizin haben wir spezielle Mikrocarrier entwickelt, die Pflanzenschutzmittel einkapseln und direkt in die Pflanze injiziert werden können. Mit dieser Methode können die Pilze an Ort und Stelle bekämpft werden, und die erforderliche Menge an Pflanzenschutzmitteln wird drastisch reduziert. Unsere Lignin-Microcarrier bestehen aus einer Hülle aus Lignin, einer Substanz, die zusammen mit Zellulose den Hauptbestandteil von Holz bildet. Die Partikel sind kleiner als ein Zehntausendstel Meter und werden mit patentierten chemischen Verfahren aus biobasierten und biologisch abbaubaren Rohstoffen hergestellt und können mit Fungiziden beladen werden. Die vorbereiteten Mikrocarrier werden direkt in den Stamm der Pflanzen injiziert. Wenn eine Rebe von einem Pilz befallen wird, zersetzt der Pilz nicht nur den Stamm, sondern auch die Lignin-Mikroträger gleichzeitig, wodurch das Fungizid freigesetzt wird und den Pilzbefall an Ort und Stelle mit maximaler Effizienz bekämpfen kann. Die Technologie bietet somit langfristig die Möglichkeit, Pflanzenschutzmittel gezielter einzusetzen und die benötigte Menge drastisch zu reduzieren. Mit unserer ersten Anwendung gegen Esca in Weinreben bieten wir mit unserer Technologie die erste kurative Anwendung für bestehenden Esca-Befall, gegen den es bisher kein wirksames Mittel gibt, und adressieren ein für die Weinindustrie relevantes Kostenproblem. Der Grundsatzbeweis für die Technologie wurde bereits im Labor und in ersten Feldversuchen erbracht, und derzeit laufen groß angelegte Feldstudien, um die Zulassung für das erste kommerzielle Produkt zu erhalten. Ziel ist es nun, die Technologie zu einem skalierbaren und marktfähigen Produkt weiterzuentwickeln und eine verlässliche Wertschöpfungskette bis hin zur Gründung eines Unternehmens in einem interdisziplinären Team aus Biologen, Winzern, Wirtschafts- und Chemieexperten aufzubauen.
Mehr dazu: https://sites.mpip-mainz.mpg.de/escape

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Stanislav Balouchev

Stanislav Balouchev

Wir sind an Energietransport in optisch generierten dicht besetzten organischen Triplettzuständen interessiert.
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