Neue Behandlungsansätze durch Miniaturzellen

Forscher wollen spezielle Zelltypen künftig als Medikamententransporter einsetzen – Forschungsprojekt Ves4Us gestartet

16. November 2018

Moderne Medikamente wirken typischerweise im ganzen Körper und nicht nur an zu behandelnden Stellen. Mit der Entwicklung von Medikamententrägern im Nanometerbereich wollen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Zukunft den Wirkstoff dorthin bringen, wo er wirken soll. Hierzu werden die Oberflächen der Träger modifiziert, um ein zielgenaues „Andocken“ zu ermöglichen. Die bisher hergestellten Träger wurden aus möglichst bioverträglichen Materialien hergestellt, wie z. B. Stärke. Trotzdem soll die Verträglichkeit sowie die Zeit, die die Träger im menschlichen Körper zirkulieren, in Zukunft weiter gesteigert werden.

Hierzu wollen Forscherinnen und Forscher aus Italien, Irland, Schweiz und Slovenien in Kooperation mit dem Max-Planck-Institut für Polymerforschung (MPI-P) in Mainz in dem nun gestarteten Forschungsprojekt „Ves4Us“ an einem neuen Ansatz arbeiten. In dem Projekt kommen sogenannte „extrazelluläre Vesikel“ zum Einsatz. Hierbei handelt es sich um „Miniaturzellen“, die auch im menschlichen Körper tagtäglich erzeugt werden. Sie dienen vor allem der Kommunikation von Zellen untereinander, werden also von gewissen Zellen ausgeschieden und von anderen Zellen wieder aufgenommen. Sie sind daher in ihren Merkmalen, wie z. B. der Oberfläche, „echten“ Zellen sehr ähnlich. Hierdurch haben die Vesikel die besten Voraussetzungen für eine sehr gute Verträglichkeit und die erforderliche lange Verweildauer im Körper.

Ziel des Projektes „Ves4Us“ ist es, extrazelluläre Vesikel in großer Menge zu erzeugen. Wissenschaftler um Dr. Svenja Morsbach, Gruppenleiterin am MPI-P in Mainz und Prof. Katharina Landfester, Direktorin am MPI-P, arbeiten in dem Projekt daran, diese Vesikel mit einer Art „Adressetikett“ auszustatten, damit sie zielgerichtet im Körper an genau definierten Stellen ihre Wirkung entfalten können. Hierzu sollen beispielsweise Antikörper auf die Vesikeloberfläche aufgebracht werden, die dann nach einem Schlüssel-Schloss-Prinzip ein Andocken des Medikamententrägers an bestimmten Gewebetypen erlauben.

Zum zielgerichteten Medikamententransport werden neben der Oberflächenmodifikation die von den Kooperationspartnern produzierten Vesikel mit geeigneten technischen Methoden geöffnet, mit einem Wirkstoff befüllt und danach wieder verschlossen.

„Wir werden dies zunächst mit Farbstoff testen“, so Svenja Morsbach. „Wenn wir die Vesikel reproduzierbar mit Farbstoff befüllen können, können wir diesen dann gegen Medikamente austauschen und so die Wirksamkeit der Vesikel zur Behandlung verschiedener Krankheiten testen“.

Das Projekt läuft im Rahmen des europäischen Horizon2020-Programms FET-OPEN für drei Jahre und wird mit einer Gesamtsumme von 3 Millionen Euro gefördert. Hiervon entfällt ein Anteil von 300.000 Euro auf die Arbeit der Mainzer Wissenschaftler.

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