Kosmetik aus pflanzlichen Rohstoffen?
Warum Cremes in Zukunft nachhaltiger werden könnten
Cremes und andere Kosmetika besitzen eine dickflüssige Konsistenz: Sonnencreme muss auf der Haut haften, eine Lotion schnell einziehen und eine Wundcreme lange genug auf der Wunde bleiben, um die Wirkstoffe abzugeben. Um diese Konsistenz zu erreichen, werden sogenannte „Rheologie-Modifizierer“ hinzugefügt – chemische Bausteine, die die Fließeigenschaften der Creme einstellen. Moderne Rheologie-Modifizierer sind hocheffizient und basieren typischerweise auf fossilen Quellen. Im Projekt „Kosmogel“, einer Kooperation zwischen dem Max-Planck-Institut für Polymerforschung und Clariant, werden nun nachhaltige Alternativen untersucht, die fossile Rohmaterialien in punkto Wirkung ersetzen können. Gleichzeitig soll deren CO2-Fußabdruck sowie die Bioabbaubarkeit verbessert werden.
Ob am Strand in der prallen Sonne, auf einer Wunde, im Gesicht oder auf dem Babypopo: Cremes haben vielfältigen Einsatz. Wichtig bei diesen: Je nach Anwendung braucht es eine gewisse Konsistenz und Textur, um eine optimale Verteilung und Haftung zu gewährleisten. Diese Konsistenz entsteht bei der Herstellung von Cremes nicht zufällig, sondern gezielt durch das Einbringen von Zusatzstoffen - sogenannten „Rheologie-Modifizierern“. Dies sind langkettige Moleküle, die sich mit ihren Nachbarn an bestimmten Stellen verbinden können und so ein dreidimensionales Netzwerk bilden, was zu einer Modifikation der Fließeigenschaften der Creme führt. Jedoch gibt es einen entscheidenden Nachteil: Aktuelle Rheologie-Modifizierer basieren auf fossilen Quellen – das heißt auf Erdöl. Die meisten synthetischen Rheologie-Modifizierer sind daher schlecht biologisch abbaubar.
Das nun ins Leben gerufene Projekt „Kosmogel“ – einem Kunstwort bestehend aus „Kosmo“ wie „Kosmetik“ und „Gel“ wie „gelieren“ – ist ein Kooperationsprojekt zwischen der Schweizer Firma Clariant mit Forschung und Entwicklung in Frankfurt am Main sowie dem MPI-P. Das Ziel: Die Schaffung neuer, biologisch abbaubarer und nachhaltiger Rheologie-Modifizierer, die aus natürlichen Quellen hergestellt werden können. Wichtig bei diesen natürlichen Quellen ist, dass die Herstellung der Rheologie-Modifizierer nicht in Konkurrenz zur Nutzung dieser Quelle z. B. für Nahrungsmittel steht.
Die anvisierte Technik dieser neuartigen Rheologie-Modifizierer nimmt sich ein Beispiel an der Natur, die es z. B. beim Aufbau von Gewebe bereits vormacht und kleinere molekulare Bausteine zu einem großen Netzwerk verbindet. Im Fokus des neuinitiierten Forschungsprojekts befinden sich sogenannte „Peptide“, die sich mit ihren Partnern zu langen Fasern und Netzwerken verbinden können und damit ähnliche Strukturen erzeugen, wie die bisher eingesetzten Kosmetikverdicker. Im Unterschied zu diesen ist die Verbindung jedoch reversibel, kann also wieder aufgehoben werden. Dies geschieht vor allem, wenn diese längere Zeit in der Umwelt exponiert werden – neben einer pflanzenbasierten Lösung ist diese zusätzlich auch biologisch abbaubar.
Schwerpunkt des gemeinsamen Projekts liegt auf der Erforschung der molekularen Eigenschaften dieser Peptide gepaart mit der Untersuchung derer rheologischen Eigenschaften. Sollte das Projekt erfolgreich sein, könnten auf dieser Basis neuartige Rheologie-Modifizierer entwickelt werden - nicht nur für Cremes, sondern auch für allerlei andere Kosmetika.
Das Projekt wird zunächst für ein Jahr vom BMBF finanziert, eine Verlängerung ist je nach Ergebnis möglich.